Mikroschadstoffe

Seit einigen Jahren ist bekannt, dass es Stoffe in unseren Gewässern und Abwässern gibt, die während der Abwasserreinigung in der kommunalen Kläranlage lediglich geringfügig, bis gar nicht entfernt werden können.

Die Rede ist von anthropogenen Spurenstoffen oder Mikroschadstoffen.

Was sind Mikroschadstoffe?

Mikroschadstoffe sind synthetisch hergestellte, nicht natürliche Mikroverunreinigungen, welche in geringsten Konzentrationen von milliardstel (Nano) bis millionstel (Mikro) Gramm pro Liter gefunden werden.

Man subsummiert (aus der chemischen Sicht) unter dem Begriff Mikroschadstoffe die Gesamtheit der synthetisch hergestellten organisch-chemischen Verbindungen, die in die Umwelt eingetragen werden.

In den Umweltwissenschaften und insbesondere im Abwassersektor und den Ingenieurwissenschaften nutzt man den Begriff Mikroschadstoffe um gelöste Substanzen, von viskosen und unlöslichen (partikulären) Verbindungen abzugrenzen.

Welche Schadstoffarten gibt es?

Rein chemisch betrachtet gilt: Jede Verbindung hat in Wasser eine bestimmte Reaktionsart, wird entweder vollständig oder teilweise abgebaut, umgewandelt oder verlässt ungehindert z.B. die drei Reinigungsstufen einer Kläranlage und gelangt wieder ins Ökosystem.

Zu diesen Substanzen gehören Verbindungen wie Pharmazeutika, Medikamentenrückstände, Pestizide und auch per- und polyfluorierte Verbindungen wie PFAS (PFC) sowie lösliche Polymere, die als Mikroschadstoffe bezeichnet werden, aber auch anorganische Substanzen wie Schwermetalle, Phosphate und Stichstoff-Verbindungen

Mikroschadstoffe und Umweltrelevanz

Um eine qualifizierte Aussage über das Verhalten dieser Verunreinigungen in der Umwelt und deren Umweltrelevanz treffen zu können, betrachtet man neben den chemischen und physikalischen auch die kombinierten umweltspezifischen Eigenschaften und ermittelt die (öko-)toxikologischen Einflüsse in Abhängigkeit der Umweltfaktoren (Persistenz, Abbaubarkeit, etc.).

Der Verdünnungsfaktor senkt im Allgemeinen den (öko-)toxikologischen Einfluss, die Stoffe gelten dann als vermindert (öko-)toxikologisch relevant. In den letzten Jahren werden jedoch vermehrt Mikroschadstoffe im Wasserkreislauf detektiert, von denen bekannt ist, dass sie das Ökosystem nachhaltig stören können.

Mikroschadstoffe und die vierte Reinigungsstufe in kommunalen Kläranlagen

Aufgrund der Tatsache, dass viele Mikroschadstoffe ungehindert die drei Reinigungsstufen einer kommunalen Kläranlage passieren können, wird der Wunsch nach einer zusätzlichen vierten Reinigungsstufe für die zentrale Abwassersanierung lauter, die sich genau um die Substanzen kümmern soll, die vorher nicht entfernt werden konnten, aber potentiell als gefährlich eingestuft werden.

Die Anforderungen an diese vierte Reinigungsstufe sind komplex. Mit dem Stand der Technik und geringfügigen Anpassungen gelangt man sehr häufig schneller als Limit der Reinigungsleistung. Einerseits muss die Reinigungsstufe ein breites Spektrum an problematischen Substanzen, den Mikroschadstoffen, weitgehend entfernen können, andererseits gilt es auch, unerwünschte Nebenprodukte, die beispielsweise durch chemische oder biologische Umwandlungen entstehen, zu vermeiden oder für den Kläranlagenbetreiber kontrollierbar zu gestalten.

Zusätzlich muss die vierte Reinigungsstufe für geschultes Personal einfach zu bedienen sowie in eine bestehende Anlage integrierbar sein. Ein angemessener, vertretbarer, Kosten/Nutzen-Faktor ist zugrunde zu legen.

Welche Verfahren für die Mikroschadstoff-Entfrachtung in Kläranlagen gibt es?

Zum aktuellen Zeitpunkt stehen verschiedene Verfahren zur Entfernung von Mikroschadstoffen, die sogenannte Spurenstoffelimination, zur Verfügung. Diese können aufgrund ihrer jeweiligen Wirkmechanismen in vier Gruppen unterteilt werden: Adsorptiv, biologisch, oxidativ und physikalisch.

Alle Verfahren sind miteinander kombinierbar, jedoch gilt es zu berücksichtigen, dass jedes für sich betrachtet limitierende Faktoren besitzt, die auch durch die Kombination zweier Verfahrensansätze nicht gänzlich eliminiert werden können. Beispiele für verfahrenstechnische Grenzen sind

  • die Ungewissheit über Nebenprodukte bei oxidativen Verfahren,
  • Schlupf und Desorption von Pulveraktivkohle,
  • hohe Verbräuche chemischer Hilfsmittel,
  • hohe Wartungskosten,
  • personelle und/oder räumliche Kapazität.

Auch hohe Investitionskosten, auf Grund des baulichen Aufwands, sind für Kläranlagen mit weniger günstigen Rahmenbedingungen limitierende Faktoren.

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