Hintergründe und Fakten rund um Mikroplastik
Mikroplastik im Meer – ein großes Umweltproblem
Kunststoffe (Polymere, Mikroplastik oder auch Plastik) sind eine Ursache für unsere globale Umweltverschmutzung. Schwebende Plastikkontinente in mehreren Ozeanen, Plastiktüten-fressende Schildkröten, verendete Wale mit Plastikmüll-Mägen sind Entdeckungen der letzten Jahre, die große mediale Verbreitung und Aufmerksamkeit erfahren haben.
In den letzten sechs Jahrzehnten haben wir 8,352 Milliarden Tonnen Kunststoffe hergestellt. Das meiste davon ist mittlerweile auf Mülldeponien gelandet oder direkt in unserer natürlichen Umwelt. Recycelt werden tatsächlich lediglich 9% des heute verwendeten Kunststoffs.
Jedes Jahr gelangen schätzungsweise bis zu 12 Millionen Tonnen Plastik in unsere Ozeane. Dies entspricht einem Müllwagen pro Minute. Auch Plastikmüll auf den Straßen kann über Entwässerungsnetze oder Flüsse in den Ozean gelangen: Schätzungen zufolge tragen die großen Flüsse der Welt jährlich bis zu 2,41 Millionen Tonnen Plastik in das Meer, was 100.000 Müllwagen entspricht.
Mikroplastik wurde erstmals im Jahr 2004 in großer Anzahl in den Weltmeeren nachgewiesen. Damit wurde eines sehr klar: Plastik in der Umwelt verschwindet nicht einfach. Und nicht "nur" bei Plastik, sondern auch bei Mikroplastik haben wir es mit einem Umweltproblem von enormem und globalem Ausmaß zu tun (Thompson et al., 2004).
Wo stehen wir beim Thema Mikroplastik?
Mikroplastik ist ein junges Forschungsgebiet mit noch vielen Unbekannten. Wissenschaft, Industrie und Politik stehen vor enormen Herausforderungen, um das Phänomen in seiner Komplexität zu erfassen und wirksame Lösungen gegen die weitere Verbreitung von Mikroplastik zu finden.
Wollen wir verstehen, was sich hinter dem Begriff und Forschungsfeld Mikroplastik verbirgt, müssen wir unseren Blick auf unseren Umgang mit Kunststoffen lenken: Von der Herstellung über die Nutzung bis hin zur Entsorgung bzw. Wiederverwendung. Hier haben wir ein paar Fakten über den aktuellen Stand der Dinge zusammengetragen. Es gibt unterschiedliche Definitionen von Mikroplastik und Abgrenzungen zu beispielsweise Nanoplastik. Mittlerweile besteht jedoch weitgehende Einigkeit darin, Plastikfragmente kleiner 5 mm als Mikroplastik zu bezeichnen.
Was ist Mikroplastik? – Die aktuelle Definition
Mikroplastik beschreibt die Gesamtheit aller synthetischer Kunststoffe und deren Erzeug-nisse, die eine Größe kleiner als 5mm besitzen und direkt in die Umwelt eingetragen oder indirekt in der Umwelt gebildet werden.
Welche Arten von Mikroplastik gibt es und was sind Beispiele dafür?




Primäres Mikroplastik Typ A kategorisiert und betrachtet Mikroplastik als Chemikalie. Diese Kategorie umfasst die Arten, die direkt zu Produkten (bspw. Körperpflegeprodukte, Putzmittel, Lacke etc.) zugesetzt werden. Dieser Anteil wird bereits häufig durch wasserlösliche Polymere ("flüssiges Mikroplastik") ersetzt. Produkte werden dann häufig mit dem Zusatz „Mikroplastikfrei“ oder „Ohne Mikroplastik“ beworben.
Die Kategorie Primäres Mikroplastik Typ B umfasst Kunststoffpartikel, die bei der Nutzung von Kunststoffprodukten entstehen und direkt (ohne Umwege) als Mikroplastik in die Umwelt eingetragen werden.
Sekundäres Mikroplastik umfasst alle Mikroplastikpartikel, die durch langsamen Zerfall großer Plastikteile in der Umwelt entstehen. Dies kann durch jegliche Arten äußerer Einflüsse passieren, z. B. durch Einfluss von UV-Strahlen, Bakterien oder auch durch Reibung.
Wie kommt Mikroplastik in die Umwelt?
Im Allgemeinen wird zwischen indirekten und direkten Eintragswegen unterschieden. Indirekte Eintragspfade finden sich dann, wenn Kunststoffgegenstände durch UV-Strahlung, Oxidation und/oder mechanische Einwirkungen in immer kleinere Bestandteile zerfallen. So entstehen letztendlich Millionen von Mikroplastikpartikeln in unseren Ökosystemen (Law et al., 2014). Sie verteilen sich in Abhängigkeit von ihrer individuellen Zusammensetzung schnell oder langsam in Wasser, Boden und Luft.
Mikroplastik kann auch auf direktem Wege in die Umwelt gelangen: Durch Reifenabrieb, synthetische Textilfasern, die beim Waschen von Kleidung freigesetzt werden, Pflegeprodukte und Kosmetik wie Peelings, die Mikroplastikpartikel enthalten. Auch industrielles Abwasser ist eine der großen Eintragsquellen (Boucher et al., 2017).
Die Nähe zu stark besiedelten Gebieten und unzulängliches Müllmanagement führen zu besonders hohen Kontaminationen. Auch Punktquellen wie Kläranlagen oder die Plastikindustrie sind wichtige Einflussfaktoren. Des Weiteren wird die Kontamination mit Mikroplastik durch Transportprozesse wie Wind, Wasserströmungen, Ebbe und Flut und Oberflächenabfluss von Regen beeinflusst.
Allgemein sind limnische Ökosysteme stärker mit Mikroplastik kontaminiert als marine Ökosysteme, da sich im enormen Volumen der marinen Ökosysteme das Mikroplastik weitläufiger verteilen kann. Plastik und Mikroplastik sammeln sich in sogenannten „Garbage Patches“ durch zusammenlaufende Meeresströmungen in den Ozeanen an.
Im Arktischen Seeeis konnten Mikroplastikkontaminationen von bis zu 12000 Partikel / m³ festgestellt werden. Somit dient es im Mikroplastikkreislauf als temporäre Senke, da das Mikroplastik beim Schmelzen des Eises wieder freigesetzt wird. (Lusher et al., 2015)
Wie gefährlich ist Mikroplastik?
Es wird heftig diskutiert und eifrig geforscht darüber, wie gefährlich Mikroplastik für Mensch, Tier und Umwelt ist. Vor allem auf Grund der geringen Größe (≤ 5 mm) stellt Mikroplastik für Tiere und Umwelt eine Gefahr dar, da es dadurch für eine Vielzahl von Organismen zugänglich ist und beispielsweise für Futter gehalten und gefressen wird. Darüber hinaus hat jeder Mikroplastikpartikel bedingt durch vorangegangene Produktions-, Nutzungs- und Zerfallsprozesse eine individuelle Zusammensetzung. Äußerst gesundheitsschädliche Mikroschadstoffe wie Rückstände von Weichmachern, Schwermetallen, PFAS oder Pharmazeutika können dem Mikroplastik anhaften.
Dies verstärkt die Gefahr von physikalischen und toxikologischen Schäden an Organismen und Ökosystemen, die durch Mikroplastik verursacht werden können. (Wieland et al., 2022).
Mikroplastik wird auch innerhalb der Nahrungskette transportiert bzw. akkumuliert. Damit gelangt es auch in den menschlichen Körper (FAO, 2016). Welcher Art die Folgen für die menschliche Gesundheit und wie schädlich dies final sein wird, ist derzeit nicht absehbar.
Wie kann Mikroplastik nachgewiesen werden?
Heiß diskutiert und geforscht wird auch über Methoden für die Detektion von Mikroplastik. Bislang fehlt es an einer einfachen, standardisierten und schnellen analytischen Methode, die auch außerhalb von Laboren im Realwasser anwendbar ist und möglichst zuverlässig und reproduzierbar Mikroplastik in unterschiedlichen Umweltmatrizen detektieren kann. Durch den Einsatz sehr unterschiedlicher Verfahren sind bisher erhobene Daten nur schwer vergleichbar und oftmals wenig aussagekräftig. Dies ist eine der Hauptursachen dafür, dass es bis heute keine Grenzwerte und politischen Richtlinien im Umgang mit Mikroplastik gibt. Eine effiziente Identifizierung und Quantifizierung von Mikroplastikbelastungen ist eine große wissenschaftliche Herausforderung, denn bei abnehmender Größe der Partikel (Nanoplastik) wird es immer schwieriger diese zu erkennen und nachzuweisen.
Nicht nachgewiesenes Mikro- und Nanoplastik führt daher momentan leicht zu dem Trugschluss, es wäre nicht vorhanden, denn gerade in der Umwelt gilt: Nur weil man etwas nicht mehr sieht, oder detektieren kann, bedeutet es nicht, dass es nicht mehr da ist.
Weitere Fragen und Antworten dazu findet ihr in unseren FAQs zu Mikroplastik.