Eine der Hauptquellen für den direkten Eintrag von Mikroplastik in die Umwelt ist das Tragen und Waschen von synthetischen Textilien. Dies macht Schätzungen zufolge etwa 35 % des Mikroplastiks aus, das jedes Jahr weltweit in die Meeresumwelt gelangt, das sind zwischen 200.000 und 500.000 Tonnen. Allein in Europa gelangen jedes Jahr 13.000 Tonnen Mikrofasern aus Textilien in die Oberflächengewässer, was etwa 8 % des gesamten primären Mikroplastikeintrags entspricht. Diese Werte sind jedoch bisher nicht Studienseitig bestätigt, noch konnten diese bisher reproduziert werden.
Die Europäische Kommission hat die textile Wertschöpfungskette als eine der Hauptprioritäten im Rahmen des EU-Aktionsplans für die Kreislaufwirtschaft identifiziert und potenzielle Maßnahmen zur Verbesserung der allgemeinen Nachhaltigkeit der textilen Wertschöpfungskette sowie der ungewollten Freisetzung von Mikroplastik aus synthetischen Textilien skizziert.
Dieser Blog gibt einen Überblick über die Probleme im Zusammenhang mit synthetischen Textilien, die vorgeschlagenen Wege zur Bekämpfung der unbeabsichtigten Freisetzung von Mikroplastik und die damit verbundenen Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt. Er stellt jedoch nur den aktuellen Stand der Forschung und Kommunikation dar, nicht aber das, was wir in unserem Waschmaschinen-Projekt untersuchen werden, um den offenen Fragen nachzugehen.
Die textile Wertschöpfungskette ist eine komplexe globale Herausforderung für die Nachhaltigkeit
Textilien sind Teil einer globalen linearen Wertschöpfungskette und haben über den gesamten Lebenszyklus des Produkts hinweg zahlreiche schädliche Auswirkungen auf den Klimawandel sowie die Land- und Wassernutzung. Zwischen 2000 und 2015 hat sich die weltweite Produktion von Textilien fast verdoppelt, und es wird geschätzt, dass der Verbrauch von Kleidung und Schuhen bis 2030 um weitere 63 % von 62 Millionen Tonnen auf 102 Millionen Tonnen steigen wird.
Umweltauswirkungen entlang der textilen Wertschöpfungskette
Die steigende Nachfrage nach Textilien führt zu einem Anstieg des Verbrauchs nicht erneuerbarer Ressourcen. Zwischen 60 und 70 % der Textilfasern sind synthetisch, und die am häufigsten verwendete Faser, Polyester, wird in kohlenstoffintensiven Verfahren hergestellt, die jährlich bis zu 70 Millionen Barrel Öl verbrauchen.
Außerdem verursacht die Herstellung von Textilien etwa 15-35 Tonnen CO2-Äquivalent pro Tonne produzierter Textilien und steht damit an fünfter Stelle der Kategorie mit den höchsten Treibhausgasemissionen in der EU. Darüber hinaus werden bei der Textilherstellung zahlreiche gefährliche Stoffe verwendet; 750 der verwendeten Stoffe sind als gesundheitsgefährdend und 440 als umweltgefährdend eingestuft.
Selbst Naturfasern enthalten oft eine Vielzahl von chemischen Zusätzen, Farbstoffen und Veredelungsmitteln, die während der Produktion zugesetzt werden. Weltweit stammen 20 % der Wasserverschmutzung vom Färben und Veredeln von Textilerzeugnissen.
Globale Umwelt- und Klimaauswirkungen im Zusammenhang mit der textilen Wertschöpfungskette (basierend auf Daten des Europäischen Parlaments (2022)).
Freisetzung von Mikroplastik während des gesamten Produktlebenszyklus
Die Freisetzung von Schadstoffen ist nicht nur ein Problem in der Produktionsphase, sondern auch beim Waschen und Tragen von Textilien. Durch das Waschen werden sowohl Schadstoffe als auch Mikroplastik in das Abwasser freigesetzt. Es ist eine der Hauptquellen für den direkten Eintrag von Mikroplastik in die Umwelt und macht etwa 35 % des Mikroplastiks aus, das jedes Jahr in die globale Meeresumwelt gelangt. Das sind zwischen 200.000 und 500.000 Tonnen. Allein in Europa werden schätzungsweise zwischen 18.000 und 46.000 Tonnen Mikrofasern aus Waschmaschinen freigesetzt, von denen 13.000 Tonnen in Oberflächengewässer gelangen. Synthetische Mikrofasern sind in der Umwelt persistent und haben nachweislich ein breites Spektrum an toxikologischen Wirkungen auf Organismen, von der zellulären bis zur organismischen Ebene, und können daher eine erhebliche Bedrohung für die Gesundheit von Mensch und Umwelt darstellen.
In der EU hat der Verbrauch von Textilien im Durchschnitt die viertgrößten Auswirkungen auf die Umwelt und den Klimawandel (nach Lebensmitteln, Wohnraum und Mobilität) und die dritthöchsten Auswirkungen auf den Wasserverbrauch und die Landnutzung. Die Textilwertschöpfungskette wurde daher im EU-Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft als eine der wichtigsten Prioritäten eingestuft, und die Entwicklung einer umfassenden EU-Strategie für nachhaltige und kreislauffähige Textilien ist im Gange.
Auf dem Weg zu nachhaltigeren Textilien
Die endgültigen Maßnahmen und Standards wurden noch nicht bekannt gegeben, werden aber die unbeabsichtigte Freisetzung von Mikroplastik und die allgemeine Nachhaltigkeit der Textilindustrie betreffen. Zu den wichtigsten Maßnahmen zur Vorbeugung und Abschwächung gehören u. a:
Der erste Schritt zur Festlegung geeigneter Maßnahmen und Grenzwerte besteht darin, ein Verständnis dafür zu erlangen, wie viel Mikroplastik entlang der Wertschöpfungskette freigesetzt wird, einschließlich der Frage, wie das Waschen der Textilien und die verschiedenen Parameter (d. h. Temperatur, Stoffart, Waschmittel, Waschdauer, Top- vs. Frontlader-Maschinen usw.) das Ausscheidungsverhalten der Textilien in der Gebrauchsphase beeinflussen.
Da jedoch 80 % der Umweltauswirkungen eines Textils bereits in der Entwurfsphase festgelegt werden, sollte die Vermeidung von Mikroplastikemissionen an der Quelle im Vordergrund stehen, wobei auch die Auswirkungen der Herstellungsverfahren, der Erfassung von Mikroplastik an der Quelle und der Textileigenschaften auf die Freisetzung von Mikroplastik berücksichtigt werden müssen.
Die verwendeten Nachweis- und Messverfahren (d. h. Probenahmevolumen, Filtermaschengröße, Materialbeschaffenheit) wirken sich ebenfalls auf die gemeldete Anzahl von Mikroplastik aus. Daher ist die Entwicklung standardisierter Probenahme- und Nachweismethoden entscheidend für zuverlässige Vergleiche der Mikroplastikfreisetzung und die Bewertung der Verringerungseffekte.
Sicherstellung effizienter und nachhaltiger Maßnahmen zur Freisetzung von Mikrofasern
Weitere Aspekte bei der Bekämpfung der unbeabsichtigten Freisetzung von Mikroplastik aus synthetischen Textilien über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg umfassen die folgenden Vorschläge, wobei gerade das Nachrüsten von Filtern in der Waschmaschine oder auch das Einsetzen von Auffangsystemen in der Waschtrommel nicht wissenschaftlich umfangreich erprobt wurden, bzw. inkohärente Daten liefern.
Wer echt nachhaltig werden möchte, braucht einen langen Atmen
Die textile Wertschöpfungskette ist eine komplexe globale Herausforderung. Es gibt jedoch verschiedene Hebel für Lösungen der Kreislaufwirtschaft in Bezug auf synthetische Textilien, die ihre Nachhaltigkeit verbessern und ihre Gesamtauswirkungen auf Klima und Umwelt verringern können. Um die unbeabsichtigte Freisetzung von Mikroplastik zu verringern, müssen Maßnahmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette ergriffen werden, vom Materialdesign über die Verwendung bis hin zur Entsorgung. Und da Abwasser nach wie vor einer der Hauptwege für Mikroplastikemissionen ist, selbst bei Verwendung von Waschmaschinenfiltern, sind verbesserte Abwasserbehandlungsverfahren, die auf die Entfernung von Mikroplastik abzielen, eine entscheidende Komponente zur Verringerung ihres Eintrags in die Umwelt.
Und was halten wir von den geplanten Maßnahmen?
Aus unserer Sicht ist die Datenlage bzgl. der Eintragsmengen von Mikroplastik z.B. aus Waschprozessen oder aus der Textilproduktion bzw. -veredelung nach wie vor nicht wirklich und umfangreich beziffert. Die vorgeschlagenen Maßnahmen beruhen in den meisten Fällen auf Schätzungen oder Ableitungen, ohne dass sich vorher über die Auswirkungen der Maßnahmen (z.B. was hat das Nachrüsten von Waschmaschinen oder der gesetzlich angeordnete Neukauf für einen Mikroplastik-Footprint, Recycling-Rate, etc...) oder auch mit der Sinnhaftigkeit einer (überproportional zügigen, weil einfachen) Einführung beschäftigt wurde.
Ohne die Datenbasis wirkt jedes Handeln auf der Seite des Gesetzgebers / der Politik wie ein verzweifelter Schritt hin zu einem besseren Gefühl und weniger zu echtem messbarem positiven Impact.
Bei Wasser 3.0 teilen wir die Meinung, dass wir schnell ins Handeln kommen müssen, um auch in Zukunft sauberes, genießbares, nutzbares Wasser zu haben. Wir stehen jedoch auf der Seite der Gesellschaft und halten es mit transparenter Kommunikation. Für uns sind die geplanten Maßnahmen zu wenig wissenschaftlich fundiert und zu wirtschaftlich in Richtung der Konsument:innen getrieben . Den Konsumenten die Verantwortung für die Reduktion der Mikroplastik-Emissionen in Waschprozessen aufzubürden ist vielleicht ein schneller, aber schlicht der falsche Weg, wenn doch das viel diskutierte Vorsorgeprinzip greifen müsste und demnach die Impact-reichen Hebel in der Industrie zu finden wären.
Wir, die Konsument:innen stehen am Ende der Wertschöpfungskette.
Bei Wasser 3.0 arbeiten mit unserer Mikroplastik-Detektion tagtäglich an der Erhebung der Daten und somit der Schaffung der Grundlage für effizientes, nachhaltiges Handeln und der Identifikation der zukunftsfähigen Hebel für Wasser ohne Mikroplastik. Und Sie können uns dabei unterstützen.