
Globale Herausforderung Mikroplastik
28. Oktober 2022
Amundi spendet für WASoMI
17. November 2022Mikroplastik und die menschliche Gesundheit
Mikroplastik wurde im menschlichen Blut, tief in der Lunge und in der Plazenta von Ungeborenen nachgewiesen. Die weit verbreitete Exposition des Menschen gegenüber Mikroplastik ist unbestreitbar. Unbekannt ist jedoch, welche Gefahren und toxikologischen Auswirkungen eine solche Exposition hat und welche Grenzwerte für Trinkwasser, Lebensmittel und die Umwelt eingeführt werden müssen. Das Verständnis der Auswirkungen von Mikroplastik (< 5 mm) und Nanoplastik (< 1 µm) auf die Umwelt und die menschliche Gesundheit sowie die Ermittlung kritischer Grenzwerte und die Charakterisierung der Gefahren sind daher wichtige Schritte auf dem Weg zu einem wirksamen Mikroplastik-Management.
Stand der Forschung zu Mikroplastik
In den letzten Jahren wurde viel über Mikroplastik geforscht: 2010 wurden nur 10 Artikel pro Jahr über Mikroplastik veröffentlicht, 2021 waren es bereits 2919 Publikationen. Der Begriff, der in den Veröffentlichungen über Mikroplastik am häufigsten auftaucht, ist jedoch die Verschmutzung der Meeresumwelt; die Forschung über die Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit steckt noch in den Anfängen.
Die Bestimmung der Auswirkungen von Mikroplastik auf den Menschen ist eine wissenschaftliche Herausforderung. Es fehlt an validierten und standardisierten Analysemethoden und Referenzmaterialien. Darüber hinaus wurden die meisten Studien in vitro (mit vom Menschen stammenden Zellen) unter Verwendung von PE- und Polystyrolkügelchen durchgeführt, obwohl Polyolefine, Polyester und Polyurethane (PET, PVC, PP, PA) die am häufigsten verwendeten kommerziellen Kunststoffe sind. Die große Vielfalt an Partikelgrößen, Formen, chemischen Zusammensetzungen und Verteilungen/Mischungen von Mikroplastik macht es noch schwieriger, ihre Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit zu beurteilen. Bislang gibt es keine Studien, die umweltrelevante Mischungen und reale Expositionsbedingungen von Mikroplastik untersucht haben, und es gibt bis heute keine epidemiologischen Studien, die den Zusammenhang zwischen Mikroplastik und gesundheitlichen Auswirkungen bei einer großen Gruppe von Menschen belegen.
Wie gelangen Nano- und Mikroplastik in die menschliche Nahrungskette?
Sowohl Nano- als auch Mikroplastik wurden in Bier, Salz, Zucker, Honig, Fisch, Krabben, Muscheln und Trinkwasser nachgewiesen. Statistiken haben die folgenden Konzentrationen in verschiedenen Quellen ergeben:
Auf der Grundlage dieser Zahlen wurde geschätzt, dass der Mensch zwischen 39.000 und 193.000 Partikel pro Jahr aufnehmen kann, wobei eine Studie gezeigt hat, dass die Aufnahmerate bei 30.077.700 Mikroplastik/Jahr liegen kann, wenn man die Inhalation mit einbezieht. Trinkwasser ist nachweislich eine der Hauptquellen; in Flaschenwasser enthalten sie in der Regel mehr Mikroplastik als Leitungswasser. Eine Studie ergab, dass der Mikroplastikgehalt in Flaschenwasser > 5 Mio Mikroplastik/L beträgt. Wer statt Leitungswasser ausschließlich Flaschenwasser trinkt, nimmt also möglicherweise 86.000 zusätzliche Partikel auf.
Die menschliche Nahrungskette ist eine wichtige Quelle für die Aufnahme von Mikroplastik, wobei die Zahlen wahrscheinlich noch höher sind, da das Ausmaß der Exposition gegenüber Mikroplastik aus Lebensmittelverpackungen und Materialien, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen, noch nicht leicht zu quantifizieren ist.
Wie wurde bisher quantifiziert und was?
Der erste Schritt zur Quantifizierung des Risikos von Mikroplastik für die menschliche Gesundheit besteht darin, die Exposition zu messen. Der Mensch ist Mikroplastik häufig ausgesetzt, und die Aufnahme in den Körper erfolgt in erster Linie durch Einnahme (über die Nahrung oder das Wasser) oder durch Einatmen. In Innenräumen sind die Lungen vor allem Fasern aus synthetischen Textilien ausgesetzt, während im Freien z. B. Düngemittel- oder Reifenabriebpartikel in der Luft enthalten sein können. Es wird angenommen, dass die Aufnahmerate und der Verbleib von Mikroplastik im Körper und in den Organen nicht nur von der Größe, sondern auch von der Art des Polymers abhängt.
Die Größe der Partikel bestimmt oft, in welchem Umfang sie vom Körper aufgenommen und verteilt werden. Partikel < 10 µm können eingeatmet werden, während solche < 1 µm von den Zellen aufgenommen werden können. Mit abnehmender Partikelgröße steigt die Möglichkeit, sich im Körper zu verteilen. Im Allgemeinen sollten nur Mikroplastikpartikel < 10 µm in der Lage sein, alle Organe und die Plazenta zu erreichen sowie Zellmembranen und die Blut-Hirn-Schranke zu überwinden. Die Verlagerung von Partikeln über den systemischen Kreislauf in sekundäre Gewebe (d. h. Leber, Lymphknoten, Milz und Gehirn) wurde für Partikel mit einer Größe von <2,5-5 µm nachgewiesen.
Welche Hinweise auf toxikologische Wirkungen im Zusammenhang mit der Exposition des Menschen gegenüber Mikroplastik wurden bisher festgestellt?
Das Verständnis der toxikologischen Risiken von Mikroplastik für die menschliche Gesundheit befindet sich noch im Anfangsstadium. Dies liegt zum Teil daran, dass es an genauen, empfindlichen und standardisierten Analysemethoden zur Messung von Mikroplastik in menschlichen Geweben und Expositionsniveaus (d. h. in der Luft und in Lebensmitteln) mangelt. Außerdem fehlen Informationen darüber, wie umweltrelevante Expositionsdosen und die verschiedenen physikalischen und chemischen Eigenschaften von Mikroplastik die Zytotoxizität von Mikroplastik für Zellen und Gewebe beeinflussen.
In-vitro-Studien an menschlichen Gehirn- und Epithelzelllinien haben gezeigt, dass die Exposition gegenüber Mikroplastik toxische Auswirkungen haben kann, wie Entzündungen, Immunsuppression, neurotoxische Wirkungen, oxidativen Stress, autophagischen Zelltod und Apoptose. Diese Auswirkungen werden wahrscheinlich durch die Art des Kunststoffs, den Grad der Exposition, die Form und Größe der Partikel, das Vorhandensein von absorbierten Schadstoffen und das Auslaugen von Zusatzstoffen (z. B. Bisphenol A) im Kunststoffmaterial beeinflusst.
Neuere Studien haben auch gezeigt, dass die Exposition menschlicher Lungenzellen gegenüber Mikroplastik toxikologische Folgen haben kann, wie die Verhinderung der Zellproliferation und Veränderungen der Zellmorphologie, und dass eine unregelmäßige Mikroplastikform zusammen mit der Mikroplastikexposition und -konzentration ein prädiktives Merkmal für den Zelltod sein kann. Kürzlich wurde nachgewiesen, dass umweltrelevante Konzentrationen von Mikroplastik (10 Mikrogramm/L) negative Auswirkungen auf die Lebensfähigkeit von Zellen und die Freisetzung von Zytokinen bei 20 Mikrogramm/L haben.
Es besteht die Sorge, dass weitere Gesundheitsrisiken durch Mikroorganismen, die auf Mikroplastikoberflächen wachsen, und durch die Auswaschung gefährlicher chemischer Zusatzstoffe entstehen könnten. Chemische Zusatzstoffe wie Bisphenol A (BPA), Phthalate, Triclosan, Bisphenone, Organozinnverbindungen und bromierte Flammschutzmittel sind dafür bekannt, dass sie die menschliche Gesundheit beeinträchtigen.
Beruflich bedingte interstitielle Lungenerkrankungen sind bereits seit langem bei Arbeitnehmern in der Textilindustrie bekannt, insbesondere bei der Herstellung von synthetischen Textilien wie Nylon, Rayon und Polyethylen. Man geht jedoch davon aus, dass die damit verbundenen negativen Auswirkungen auf die physikalisch-chemischen Eigenschaften und die hohen Konzentrationen synthetischer Partikel zurückzuführen sind. Die gesundheitlichen Gefahren einer langfristigen Exposition gegenüber niedrigeren Mikroplastikkonzentrationen, wie sie die Allgemeinbevölkerung erfährt, müssen daher erst noch ermittelt werden.
Wo handeln wir?
Trinkwasser gilt als eine der Hauptquellen für die Aufnahme von Mikroplastik durch den Menschen. Und Abwässer aus Kläranlagen sind eine der Hauptursachen für die Verschmutzung von Süßwasser mit Mikroplastik in Trinkwasserquellen. Die Menge an Plastik, die in die Umwelt und in unseren Körper gelangt, nimmt zu und beeinträchtigt sowohl die Umwelt als auch die menschliche Gesundheit. Hier bei Wasser 3.0 arbeiten wir daran, dies zu ändern. Im Einklang mit den Zielen der UN für eine nachhaltige Entwicklung erforschen und entwickeln wir innovative Konzepte und Lösungen zur Detektion, Etfernung und Wiederverwendung von Mikroplastik aus (Ab-)Wasser.