
Mikroplastik und die Kreditkarten-Lüge
20. Juni 2025
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26. Juni 2025Wir plastinieren zu Lebzeiten: Wie Plastik und Mikroplastik unseren Körper durchdringen
Eine unsichtbare Revolution findet in unserem Körper statt – und sie besteht aus Kunststoff.
Gunther von Hagens machte mit seiner Körperwelten-Ausstellung das Verfahren der Plastination weltbekannt: Körper werden konserviert, indem ihre Flüssigkeiten durch Kunststoffe ersetzt werden. Was damals als revolutionäre Konservierungsmethode für die Anatomie galt, geschieht heute in abgewandelter Form bereits zu unseren Lebzeiten – unfreiwillig und meist unbemerkt.
Umweltzerstörung im globalen Maßstab oder: Die stille Invasion des Mikroplastiks
Die Verschmutzung unseres Planeten durch Mikroplastik hat apokalyptische Dimensionen erreicht. Die Weltmeere sind zu einer riesigen Plastiksuppe geworden, in der jeder Quadratkilometer Ozean schätzungsweise durchschnittlich 63.000 Mikroplastikpartikel enthalten kann. Marine Lebewesen nehmen diese Partikel auf, was zu Verstopfungen im Verdauungssystem, falschen Sättigungsgefühlen und letztendlich zum Tod führen kann.
Selbst in den entlegensten Gebieten der Erde, von der Arktis bis zu den tiefsten Meeresgräben, wurde Mikroplastik nachgewiesen. Die Partikel haben sich in Nahrungsketten angereichert und beeinträchtigen ganze Ökosysteme. Korallen, die Mikroplastik aufnehmen, zeigen reduzierte Wachstumsraten und erhöhte Sterblichkeit.
Jeden Tag nehmen wir unzählige winzige Plastikpartikel auf, ohne es zu merken.
Mikroplastik – definiert als Kunststoffpartikel kleiner als 5 Millimeter – hat längst jeden Winkel unseres Planeten erobert. Von den tiefsten Ozeangräben bis zu den höchsten Berggipfeln, vom Regenwasser bis zu unserem Trinkwasser: Plastik ist überall.
Doch besonders beunruhigend ist die Erkenntnis, dass diese Partikel auch in unserem Körper angelangt sind. Studien haben Mikroplastik in Blut, Lunge, Plazenta, Stuhl und sogar in der Muttermilch nachgewiesen. Wir werden, bildlich gesprochen, zu Lebzeiten plastiniert.
Die Wege des Plastiks in unseren Körper
- Über die Nahrung: Meeresfrüchte sind eine offensichtliche Quelle, da Fische und Muscheln Mikroplastik aus dem Meerwasser aufnehmen. Doch auch Salz, Honig und sogar Bier enthalten nachweislich Plastikpartikel. Besonders problematisch sind Lebensmittel in Plastikverpackungen: Durch Hitze, UV-Strahlung oder mechanische Beanspruchung lösen sich kleinste Partikel und wandern in die Nahrung.
- Über die Atemluft: Synthetische Kleidung setzt bei jedem Waschgang Millionen von Mikrofasern frei, die über Kläranlagen in die Umwelt gelangen und schließlich in der Luft landen. Auch der Abrieb von Autoreifen trägt zur Luftverschmutzung mit Mikroplastik bei.
- Über das Trinkwasser: Sowohl Leitungswasser als auch Flaschenwasser enthalten Mikroplastik. Ironischerweise weist Wasser aus Plastikflaschen oft höhere Konzentrationen auf als Leitungswasser.
Was passiert mit dem Plastik in unserem Körper?
Die Forschung zu den gesundheitlichen Auswirkungen von Mikroplastik steckt noch in den Kinderschuhen, doch erste Erkenntnisse sind besorgniserregend:
Mikroplastikpartikel können Entzündungen in Geweben auslösen. Das Immunsystem erkennt die fremden Partikel als Eindringlinge und reagiert entsprechend – ein Prozess, der bei dauerhafter Belastung chronische Entzündungen fördern könnte.
Stichwort Hormonelle Störungen. Viele Kunststoffe enthalten Additive wie Bisphenol A (BPA) oder Phthalate, die als endokrine Disruptoren wirken. Diese Chemikalien können das Hormonsystem beeinflussen und wurden mit Fruchtbarkeitsstörungen, Diabetes und anderen Erkrankungen in Verbindung gebracht.
Nanoplastik – noch kleinere Partikel als Mikroplastik – kann sogar Zellmembranen durchdringen und möglicherweise die DNA schädigen. Die langfristigen Folgen sind noch unerforscht, aber das Potenzial für ernsthafte Gesundheitsprobleme ist gegeben.
Die unsichtbare Bedrohung für kommende Generationen
Besonders alarmierend ist der Nachweis von Mikroplastik in der Plazenta. Dies bedeutet, dass bereits ungeborene Kinder der Plastikbelastung ausgesetzt sind. Die Auswirkungen auf die Entwicklung von Föten sind noch nicht vollständig verstanden, aber erste Studien deuten auf mögliche Entwicklungsstörungen hin.
Was können wir tun?
Während die vollständige Vermeidung von Mikroplastik in unserer durchplastifizierten Welt nahezu unmöglich ist, können wir unsere Belastung reduzieren:
Im Alltag
- Verwendung von Glasflaschen statt Plastikflaschen
- Reduzierung von Fertiggerichten in Plastikverpackungen
- Vermeidung von Mikrowellenerhitzung in Plastikbehältern
- Kauf von Kleidung aus Naturfasern
- Verwendung von Luftreinigern in Innenräumen
Gesellschaftlich
- Unterstützung von Unternehmen, die auf nachhaltige Verpackungen setzen
- Förderung der Kreislaufwirtschaft
- Druck auf die Politik für strengere Regulierungen
- Investitionen in Forschung zu Plastikalternativen
Ein Weckruf für die Menschheit
Die Erkenntnis, dass wir bereits zu Lebzeiten "plastiniert" werden, sollte ein Weckruf sein. Während Gunther von Hagens die Plastination als Dienst an der Wissenschaft und Bildung verstand, geschieht die unfreiwillige Plastination unserer Körper als unbeabsichtigte Folge unserer Wegwerfgesellschaft.
Die Ironie ist bitter: Was einst als innovative Methode zur Konservierung toter Körper galt, könnte heute als schleichender Prozess unsere lebenden Körper beeinträchtigen. Es ist höchste Zeit, dass wir handeln – für unsere Gesundheit und die kommender Generationen.
Die Lösung liegt nicht in der Rückkehr in die Steinzeit, sondern in intelligenten Alternativen, bewusstem Konsum und einem fundamentalen Wandel unseres Umgangs mit Kunststoffen. Nur so können wir verhindern, dass die Menschheit im wahrsten Sinne des Wortes zu einer plastinierten Spezies wird. Denn eines ist sicher: Im Gegensatz zu von Hagens' konservierten Körpern wollen wir alle lebendig bleiben – und zwar ohne Plastik in unseren Adern.