
Mikroplastik-Analytik und Gewässermonitoring
11. April 2025
Standardisierte Probennahme und Mikroplastik-Detektion
30. April 2025Recycling oder Standard? Wie viel Mikroplastik wird bei unterschiedlichen synthetischen Textilgrundstoffen wirklich freigesetzt?
Mikroplastikfreie Textilien? Das ist Wunschdenken und weit weg von der Realität, denn in den meisten der heutzutage produzierten Textilien sind zumindest in gewissen Teilen synthetische Fasern enthalten. Diese bestehen aus Polymeren wie Polyamid, Polyester oder Elastan.
Bei Produktion, Herstellung, Nutzung und der Widerverwertung von Textilien – in jedem Verarbeitungsschritt bis zur Verbrennung – entsteht Mikroplastik.
Von "Mikroplastikfrei" weit und breit keine Spur. Auch der Zusatz von Chemikalien in den unterschiedlichen Prozessschritten ist gängige Praxis.
Und nur, weil man auf dem Produkt einen Aufkleber findet, der "Chemikalienfreiheit", "frei von PFAS" oder "Mikroplastik-frei" attestiert, heißt das lange nicht, dass das über den gesamten Lebenszyklus auch so ist.
Für Textilien rückt zusätzlich die Waschmaschine in den Fokus. Sie wird als einer der Hauptorte für die Entstehung von Mikroplastik beschrieben. Man spricht in diesem Zusammenhang auch immer öfter über den Mikroplastik Footprint.
Wissenschaftler schätzen, dass das Waschen synthetischer Stoffe für 34,8 % der primären Mikroplastikpartikel Typ B verantwortlich ist, die ins Abwasser oder in unsere Flüsse und zu einem späteren Zeitpunkt auch ins Meer gelangen.
Wir forschen seit Jahren an realen Daten, damit die Datenbasis für sinnstiftendes Handeln vorhanden ist. Nur so, rücken Themen rund ums Wasser auch wirklich auf die Handlungsagenda.
Wäsche waschen als Mikroplastik-Hotspot
Mikroplastik entsteht beim Waschen von Textilien in der Waschmaschine mechanisch (Rotation, Reibung) und chemisch (Wasser, Waschmittel, Weichspüler) bei jedem Waschgang. In den Medien berufen sich die meisten Journalist:innen immer noch auf die Schätzungen der Wissenschaftler:innen, denen zufolge sich während eines Waschgangs bis zu 700.000 potenzielle Mikroplastik-Fasern pro Waschladung herauslösen können. Auf dem Weg durch die Kanalisation, gelangt das typische Haushaltsabwasser in die Kläranlagen. Die meisten Kläranlagen können das Mikroplastik nur zu geringen Anteilen zurückhalten und so landen diese in unserer aquatischen Umwelt oder werden mit dem Klärschlamm als Dünger in unsere Böden eingebracht. Doch wie ist es mit recycelten Fasern im Hinblick auf Mikroplastik?
Mikroplastik-Freisetzung während des Waschens – Was kann jede:r direkt verändern, ohne dass es etwas kostet?
Die Einflussfaktoren auf die Mikroplastik-Freisetzung beim Waschen sind vielfältig. Wir haben 2023 in unserer ersten Waschmaschinenstudie bereits einige Wissenslücken geschlossen.
Zahlreiche Waschparameter wie Temperatur, Schleuderdrehzahl, Waschdauer, aber auch das verwendete Waschmittel sowie die vielfältigen Eigenschaften von verschiedensten Textilen haben einen Einfluss auf die Mikrofaser-Freisetzung. Vermeintliche Mikroplastik-Fänger gibt es mittlerweile zahlreiche. Was Filter, Beutel und Co. wirklich taugen, haben wir in einem Blogbeitrag näher beleuchtet.
Kleiner Spoiler am Rande: In unserer Waschmaschinen-Studie haben wir so viele Antworten gesammelt, dass wir echte Handlungsempfehlungen zu den einzelnen Waschparametern für den Alltag ableiten konnten. Reduziert man Waschtemperatur und Umdrehungszahl und setzt ein Waschmittel ein, dann kann man 71% der Mikroplastik-Freisetzung aus synthetischen Materialien beim Waschen reduzieren. Ohne Filter oder sonstige Veränderungen!
Was war dieses Mal bei unserer aktuellen Mikroplastik-Studie unsere Einstiegsfrage?
Was wir in unserer neuen Mikroplastik-Studie nun näher beleuchtet haben, war die Mikrofaser-Freisetzung aus verschiedenen synthetische Textilgrundstoffen im Vergleich. Die Studienidee kam beim gemeinsamen Austausch auf der Kläranlage.
Der Aufhänger war die spannende Frage, ob es Unterschiede zwischen den Materialien gibt. Deshalb haben wir uns mehrere Grundstoffe von Radtrikots geordert.

Oleg - Stabhochspringer und Mitarbeiter bei Wasser 3.0
Insights
Wie ihr vielleicht bereits wisst, ist das Team von Wasser 3.0 ganz schön sportlich unterwegs. Oleg und Dennis sind erfolgreiche Stabhochspringer. Katrin fährt sehr gerne, sehr viel Rad, Erika klettert, Maike läuft viel und hat früher Fußball gespielt. Anika, Pieter und Michael fahren auch mal die Mikroplastik-Probennahmen-Orte mit dem Rad an oder gehen zum Fitness. Somit hat jede:r aus dem Team mehr oder weniger Synthetik-Fasern in Verwendung.
Aktuell gibt es noch keinen Detektionsstandard zur Bestimmung der Freisetzung von Fasern und Mikroplastik in der Waschmaschine, daher haben wir einen (internen) Standard entwickelt. Wir setzen bei der Mikroplastik-Analytik auf Fluoreszenzmikroskopie und unsere innovativen Fluoreszenzmarker. Diese färben selektiv Mikroplastik-Partikel an, unabhängig vom Polymertyp, jedoch keine natürlichen Partikel. Damit können wir nicht nur Partikel unterscheiden, sondern auch vergleichend analysieren, und zwar schnell, mit viel Durchsatz und maximal effizient.
Das Studiendesign und die Antworten
Das Studiendesign war schnell gefunden. Wir haben unterschiedliche Stoffkomponenten unter Laborbedingungen bei 40 Grad gewaschen und nach bestimmten Waschzeiten aus dem Wasser genommen. Trotz des gleichen Anwendungsfeldes der Stoffe und der sehr ähnlichen Eigenschaften gab es große Unterschiede in der Faserfreisetzung.
Bei der Auswertung der Mikroplastik-Freisetzung wurde zwischen Mikroplastik-Partikeln und Mikroplastik-Fasern unterschieden. Die Unterschiede zwischen den Stoffen sind immens. Bei der Betrachtung der Faserfreisetzung reichen die Werte von 813.812 Fasern pro kg Stoff und Waschgang bis 1.987.989 Fasern pro kg Stoff und Waschgang, ein Unterschied mit den Faktor 2.4. Die Freisetzung der Mikroplastik-Partikel übersteigt die Werte der Fasern bei weitem. Diese reichen von 13.455.509 MP pro kg Stoff und Waschgang bis 330.027.079 MP pro kg Stoff und Waschgang, was ein Unterschied mit dem Faktor 24 ist. Dies zeigt nicht nur, dass enorme Mengen Mikroplastik beim Waschen freigesetzt werden, sondern auch, dass es bedeutende Unterschiede zwischen vermeintlichen gleichen Ausgangsstoffen gibt.
Noch immer herrscht zu viel Unwissenheit und zu viel Meinungsmache ohne Datengrundlagen
Die Studie untermauert einmal mehr die Wichtigkeit von Daten. Nur wer vergleichende Daten an der Hand hat, kann auch Handlungsempfehlungen herausgeben. Fakt ist:
Ohne vergleichende Datengrundlage sind wir alle nur Menschen mit Meinungen.
Wir von Wasser 3.0 sind tagtäglich dran, Antworten zu liefern, Wissenslücken zu schließen und den Weg zu ebnen, um endlich in die Mikroplastikvermeidung und -entfernung zu kommen. Spannende Ansätze liefert auch das Buch „Rebellin des Wassers“ von Katrin Schuhen.
Mit Ihnen Richtung Zukunft des Wassers
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